zum Hauptinhalt
Berlins frühere Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD).

© Paul Zinken/dpa

Exklusiv

Korruptionsverdacht gegen SPD-Politikerin: Berlins Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Ex-Senatorin Kalayci

Mehrere Durchsuchungen: Hat Berlins frühere Gesundheitssenatorin geholfen, eine von ihr privat genutzte Agentur mit einer Kampagne der Landesregierung zu beauftragen?

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Berlins frühere Gesundheitssenatorin wegen des Verdachts der Vorteilsnahme. Nach Tagesspiegel-Informationen läuft das Korruptionsverfahren gegen Dilek Kalayci seit Mitte November 2021. Damals war die SPD-Politikerin formal noch im Amt, der aktuelle Senat konstituierte sich Ende Dezember des Jahres.

Als Senatorin soll Kalayci dazu beigetragen haben, so der Verdacht, dass die Senatsgesundheitsverwaltung eine Kommunikationsagentur beauftragte, die zuvor privat für Kalayci tätig war. Im Zuge des Verfahrens wurden im April 2022 die Wohnungen Kalaycis und anderer Verdächtiger sowie einige Arbeitsstellen durchsucht.

Ein Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft bestätigte dem Tagesspiegel die Vorgänge auf Anfrage. Kalayci äußerte sich nicht, es gilt die Unschuldsvermutung. Eine von ihr beauftragte Kanzlei sagte: „Abschließende Informationen zu den von Ihnen genannten Aspekten liegen uns nicht vor. Wir gehen davon aus, dass der Sachverhalt sich aufklären und das Verfahren eingestellt wird.“

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Zunächst gab es einen Betrugsvorwurf gegen einen Agenturinhaber

Gegen den Inhaber der Agentur wird wegen mutmaßlicher Vorteilsgewährung ermittelt. Ursprung dieses Verfahrens war ein Betrugsvorwurf gegen den Agenturinhaber. Dabei stießen die Beamten auf Hinweise, dass Kalayci im Jahr 2019 die Dienste der Agentur in Anspruch genommen haben soll, diese aber möglicherweise nicht voll in Rechnung gestellt wurden.

Die Ermittlungen laufen, es werden insbesondere noch Zeugen vernommen.

Berliner Staatsanwaltschaft

Die Agentur wurde 2020 von der Gesundheitsverwaltung mit einem „Pflege Deine Zukunft“ genannten Projekt beauftragt. Kalayci stellte im Mai 2021 eine entsprechende Werbekampagne vor, mit der Jugendliche dafür gewonnen werden sollten, sich in Pflegeschulen, Seniorenheimen und Krankenhäusern ausbilden zu lassen. Der Personalmangel im Gesundheitswesen war in der Corona-Pandemie besonders deutlich geworden.

Gegenstand der Ermittlungen sei nun die Frage, ob zwischen beiden Ereignissen – also privater und dienstlicher Inanspruchnahme der Agentur – ein illegitimer Zusammenhang bestehe, teilte der Sprecher der Staatsanwaltschaft mit: „Da die Ermittlungen noch andauern, insbesondere noch Zeugen zu vernehmen sind, kann ich derzeit ansonsten keine detaillierteren Auskünfte zum Verfahrensgegenstand geben, da sonst die Möglichkeit einer Ermittlungsgefährdung besteht.“

Auch ein führender SPD-Genosse ist in der Kommunikationsagentur tätig

Ermittelt wird auch gegen eine Mitarbeiterin der Senatsarbeitsverwaltung sowie gegen einen Funktionär einer Berliner Kammer. Auch sie stehen im Zusammenhang mit der Agentur im Verdacht der Vorteilsnahme, allerdings unabhängig von den Vorwürfen um Ex-Senatorin Kalayci.

In der mit der Senatskampagne betrauten Agentur arbeitet ein mit Kalayci gut bekannter Sozialdemokrat als leitender Projektmanager. Der Mann engagiert sich in der SPD Tempelhof-Schöneberg als Funktionär, in diesem Kreisverband war Kalayci bis 2018 Vorsitzende. Die Staatsanwaltschaft führt Kalaycis Genossen als Zeugen.

In Kalaycis Amtszeit fällt die Coronakrise. Kalayci ordnete 2020 an, dass Kliniken planbare Behandlungen vorübergehend verschieben sollen, um Ressourcen für Covid-19-Patienten zu schonen. Ein Jahr danach wurden die von Bund und Ländern bezahlten Corona-Testzentren eingerichtet.

In Berlin wurde darüber debattiert, ob der Senat die Aufträge an Teststellen-Betreiber immer korrekt vergeben hatte. Das Kammergericht hat die Vergabe an einen Betreiber für rechtswidrig erklärt, ein inzwischen freigestellter Mitarbeiter der Gesundheitsverwaltung soll allzu engen Kontakt zu einem beauftragten Unternehmen gehabt haben. Auch in einigen Teststellen selbst wurde offenbar betrogen, entsprechende Verfahren laufen.

Kalayci wurde erstmals 2001 ins Abgeordnetenhaus gewählt. Ab 2011 war sie Arbeitssenatorin, damals hieß die Wirtschaftsmathematikerin noch Kolat. Gesundheitssenatorin wurde Kalayci nach der Wahl 2016. Vor der Wahl 2021 kündigte Kalayci an, nicht wieder für Mandat und Amt zu kandidieren.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
false
showPaywallPiano:
false